100 Jahre Agrarzentrum Limburgerhof - page 25

D
ieLeitungder Versuchsstation
ergriff selbst die Initiative, um
denLimburgerhof zuerhalten.
Eines stand fest: DieEntwicklung von
Düngemittelnwar ausgereizt.
Um höhereErnten inDeutschland zu er-
zielen, brauchteman einenwirksameren
Pflanzenschutz, besonders zur Unkraut-
bekämpfung – daswusste jeder Landwirt
und jeder Agrarwissenschaftler, der nach
Kriegsende überall inDeutschlandGetrei-
defelder voller Unkraut sah. Der Limbur-
gerhof pflegte über seineBeratungsstellen
engenKontakt zu Landwirten und kannte
ihreErwartungen. Dochwie konnteman
zu verkaufsfähigenProdukten gelangen?
DieÜberlegungen gingen in alleRichtun-
gen und schlossen auchAbwegiges nicht
aus. Testeteman zumBeispiel die zahl-
losen chemischen Verbindungen, deren
Formeln in den Schränken der Chemie-
werke der I.G. Farben lagerten, würden
sich sicher irgendwann Substanzen für
den Pflanzenschutz finden. Doch eine
praktikable Lösung lag viel näher.
EinArtikel über „Kobolde imGarten“ in
einempopulärenMagazin erwähnte 1946
dieSubstanz 2,4-D (2,4-Dichlorphenoxy-
essigsäure). Siewar inEngland undden
USA alsUnkrautmittel eingesetzt, wegen
zahlreicher Reklamationen aber wieder
ZwischenHoffenundBangen –
die Zukunft der Versuchsstation
zurückgezogenworden. Hinter der Sub-
stanz steckte einWirkprinzip, das auf dem
Limburgerhof bestensbekanntwar:Wuchs-
stoffe förderten dasGedeihenmancher
Pflanzen und schädigten andere, wirkten
also selektiv. Hier lagder Schlüssel für eine
effektive Bekämpfung vonUnkräutern.
Auf dem Limburgerhof setzteman alles
auf eine Karte und startete imHerbst
1946 Versuchemit dieser Substanz.
Zunächst galt es, die optimaleDosierung
unddasWirkungsspektrum zu ermitteln.
Eine freieVegetationshallewar auf der Ver-
suchsstation schnell gefunden, Schwierig-
keitenbereitete jedochdieSubstanz selbst.
GeringeMengen konnte das Labor selbst
herstellen, für große Versuchsreihen
brauchte es aber entsprechendmehr.
Vor allem das benötigte Phenol war knapp
und nur über Tauschgeschäfte erhältlich.
Zudem fehlten imHerbst undWinter 1946
Testpflanzen der verschiedenenGetrei-
deunkräuter, ihreAnzucht gestaltete sich
„verzweifelt schwierig“, wieMitarbeiter sich
erinnerten. In dieser Situation bewährte
sich dasNetzwerk vonBeratungsstellen.
Sie liefertenDruschabfälle, aus denen
Unkrautsamen aussortiert wurden, und
siewählten rund100 Landwirte aus, die
jeweils 100Grammder Substanz, eine
Vegetationshallen – gebaut für die Düngerforschung – dienten unmittelbar nach demKrieg
zu Versuchenmit Herbiziden
Ernte von Futtersenf im Zuchtgarten
Gebrauchsanweisung und einen Fra-
gebogen erhielten. Die Resonanzwar
überwältigend: Die Landwirtewaren
begeistert von der herbizidenWirkung,
dieWissenschaftler bestätigten diese
Erfahrungenmit einer breiten Serie
von Versuchsergebnissen.
Vonder Düngung zumPflanzenschutz |
BASF-Geschichte
1914–1927
1948–1966
1966–1996
1996–2014
1927–1948
25
I...,15,16,17,18,19,20,21,22,23,24 26,27,28,29,30,31,32,33,34,35,...74
Powered by FlippingBook