100 Jahre Agrarzentrum Limburgerhof - page 11

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achdemKriegwar derBedarf
anDüngemittelnbesonders
groß. DieBödenwarenausge-
laugt, die landwirtschaftlichenErträge
warengesunken, dennChilesalpeter
konntewährenddesKriegsnicht im-
portiertwerden, undAmmoniakaus
KokereienundFabrikenwurde für
Sprengstoff verwendet.
Auf Grundder leidvollenHungererfahrun-
genwährenddes sogenannten „Kohlrüben-
winters“ 1917galt die sichereVersorgung
mit Nahrungsmitteln als staatlicheAufga-
be. Dochwie ließ sie sich gewährleisten?
BedeutendeGetreideanbaugebiete im
Osten desDeutschenReicheswaren ver-
lorengegangen, inzwischenwurde rund
einDrittel der landwirtschaftlich genutzten
Fläche von kleinen undmittleren Landwirt-
schaftsbetriebenmit Größen von5bis 20
Hektar bewirtschaftet. Ihnen fehlte oft nicht
nur dasGeld fürMaschinen oder Dünger,
sondern vor allem das Know-how. Hier
setzte die Landwirtschaftliche Abteilung
vonBASFmit ihrer Beratung an.
Ab 1919 entstandenBeratungsstellen in
Breslau, Kiel, Münster, München, Kassel,
Dresden, Köln, Hannover undStettin;
wenig später folgten ähnlicheEinrichtungen
imAusland. DieGesprächemit den Land-
wirten drehten sich dort immer umdie
gleichen Fragen:Waren die synthetischen
Düngemittel ausreichendwirksam?Und:
Rentierte sich ihr Einsatz finanziell? Die
Berater konnten solche Zweifel entkräf-
ten.Mit Versuchenwurde im Limburger-
hof nachgewiesen, dass durchDüngung
Erträge undQualität stiegen. Undmit
Beispielrechnungen ließ sich belegen,
dass die Investition inDüngung sich aus-
zahlte. StaatlicheStellen unterstützten
diesenKurs, indem siedie Landwirte ener-
gisch aufforderten, mehr mineralische
Dünger einzusetzen. „Geschieht dies
nicht, so tritt Hungersnot ein“, erklärte
der preußischeMinisterpräsident und
Landwirtschaftsminister OttoBraun im
November 1920.
Viele Landwirte besaßenErfahrungswis-
sen über Böden undDüngung. „Das
Sprichwort, dass der dümmste Bauer
die größten Kartoffeln erntet“, hieß es
DieBeratung –
Basis für eine blühende Zukunft
auf dem Limburgerhof, „trifft schon lange
nicht mehr zu.“ Beim Einsatz der neuen
Düngemittel gab es aber nochmanche
Unsicherheit: WelchenDünger sollte
man inwelchenMischverhältnissen für
bestimmtePflanzen undBöden verwen-
den?DieBerater vonBASF überzeugten
durchPraxisnähe und Fachkenntnis.
Gemeinsammit den Landwirten erstellten
sieDüngepläne und gaben bei Bedarf
auch in anderen betrieblichen FragenRat.
BaldgenossendieBeratungsstellen einen
gutenRuf, zumal sie dieDüngemittel nicht
verkauften. Dies übernahmdas Stickstoff-
Syndikat inBerlin, eine 1919gegründete
Verkaufsorganisation der deutschenStick-
stoffproduzenten.
Neben der BeratungwarWerbung ein
zentralesMittel, um dieDüngemittel von
BASF bekannter zumachen. Postkarten
priesenmit imposantenBildern und sinn-
haften Sprüchen die Stickstoffdüngung,
Schauversuche auf dem Limburgerhof
bewiesen dieÜberlegenheit desminera-
lischenDüngers. Davon überzeugte sich
seit den frühen 20er Jahren einewach-
sende Zahl vonBesuchern auf der Ver-
suchsstation. ModerneMedien setzte die
LandwirtschaftlicheAbteilung ebenfalls ein:
1921 zeigte ein zweiteiliger von der Ufa
produzierter Film, wie dieDüngemittel an-
zuwendenwaren und ambestenwirkten.
Es folgten etwa30weitere Filme, die auch
dieArbeit des Limburgerhofs auf die Lein-
wandbrachten.WeitereThemen flossen in
die Forschungsprogramme ein – von der
Ernährungsphysiologie der Pflanzen, über
denHumuszustanddesBodens bis zu
bakteriologischen und enzymatischen
Fragen. Umdas größere Forschungspen-
sumbewältigen zu können, errichtete
BASF auf dem Limburgerhof neue Labor-
undWirtschaftsgebäude. Auf der Ver-
suchsstation blickteman voller Zuversicht
in die Zukunft –mit Recht, denn in der
Landwirtschaft wuchs bisMitte der 20er
Jahre dieKaufkraft undder Absatz von
Düngemitteln stieg.
Haferpflanzen in einem Stickstoffdünger-Versuchmit Limburgerhofboden, 1919
N-Düngung: Topf 52: 0 g N, Töpfe 58–70: 0,2 g N, Töpfe 73–79: 0,5 g N
Durch den gezielten Einsatz der neuen Dünger
konnten nach dem ErstenWeltkrieg landwirt-
schaftliche Erträgemessbar gesteigert werden
DieAnfänge –Forschen, Entwickeln, Beraten |
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