100 Jahre Agrarzentrum Limburgerhof - page 7

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tickstoff aus der Fabrik als
Dünger auf demAcker?
Mit dieser Frage begann im
Frühjahr 1914dieForschungsarbeit
auf demLimburgerhof. Die Ideewar
faszinierend, ihreUmsetzung jedoch
unsicher. Der BASF-ChemikerCarl
Bosch hatte auf der Basis der For-
schungsergebnissevonFritzHaber
eingroßtechnisches Verfahren ent-
wickelt, umStickstoff ausder Luft
mitWasserstoff zuAmmoniak zu
verbinden.
Dochwiewirkte dieser Stickstoff?
KonntendarausDüngemittel für Landwirte
auf der ganzenWelt werden?Das neue
Verfahrenweckte großeHoffnungen: Als
Pflanzennährstoff wurdeStickstoff drin-
gend gebraucht, die bisher genutzten
natürlichenVorkommen anSalpeter aus
Chilewaren nicht unendlich verfügbar.
Synthetisch erzeugtes Ammoniak könnte
dieErnährung einer weltweit wachsenden
Bevölkerung sichern helfen.
Die Zeit drängte: Seit September 1913pro-
duzierte das neueBASF-Werk inOppau
als erste Fabrik derWelt täglich bis zu
30TonnenAmmoniak. Carl Bosch schlug
vor, eine Versuchsstation einzurichten und
sie engmit denOppauer Laboratorien zu
verbinden.
DieAussichtenwaren hervorragend, zu-
nächst galt es aber zu beweisen, dass die
synthetischenStickstoffdünger tatsächlich
wirkten. Für BASF hing viel von denVer-
suchen ab, denn dieDüngemittelproduk-
tion sollte dasUnternehmen im frühen
20. Jahrhundert beflügeln.
Die Vorbehalte gegen die neuenminera-
lischenDünger waren zwar nichtmehr so
großwie im 19. Jahrhundert, aber noch
längst nicht ausgeräumt. Landwirte kauf-
ten und verwendeten nur Düngemittel,
die sich auf dem Feld bewährten. Da
es bislang nur wenige Einrichtungen der
praxisnahen agrarwissenschaftlichen
Forschung gab, bauteBASF eine eigene
auf. EinStandort für die Landwirtschaft-
licheVersuchsstationwar schnell gefunden:
der Limburgerhof, nur knapp zehnKilo-
meter südlich von Ludwigshafen gelegen.
BASF hatte dort bereits 1899 einige
Gebäude samt 225Hektar Nutzfläche
erworben, umArbeiterwohnungen und
weitere Produktionsstätten zu bauen.
Der gleichmäßig sandigeBodenmit wenig
eigenenNährstoffen und geringemWas-
serhaltevermögen sowie das gemäßigte,
eher trockene Klima boten beste Vor-
aussetzungen für Feldversuche. Auf dem
weitläufigenGelände gab es genügend
Platz für Forschungs- undWirtschafts-
gebäude.
Fünf Mitarbeitermachten sich im Frühjahr
1914 an dieArbeit. Sie setzten ersteVer-
suche an und testeten an verschiedenen
Pflanzen schwefelsaures Ammoniak (Am-
moniumsulfat) undNatronsalpeter (Natri-
umnitrat) aus der eigenenProduktion.
Waren dieseDüngemittel ähnlichwirksam
wie die gängigenStickstoffdünger vom
Stallmist bis zumKokerei-Ammoniak,
einemAbfallprodukt der Steinkohlenut-
zung?Währenddas kleine Teammit der
Forschungsarbeit begann, entstanden
Labor- undBüroräume. Eindrucksvoll war
dieVegetationshallemit Glasdach und
Schienen, auf denen 24Wagenmit bis zu
600Gefäßen je nachBedarf vonder Halle
ins Freie geschobenwerden konnten.
Für die Feldversuche nutzteman ein etwa
zwei Hektar großes Versuchsfeld.
Am 1. Mai 1914waren die erstenGebäude
fertiggestellt unddie Tests zeigten erste
vielversprechende Ergebnisse.
Fritz Haber
Carl Bosch
Der Limburgerhof –
ersteVersuchsstationmit neuer Aufgabe
Grundlegende Innovation –
die Ammoniaksynthese
Stickstoff ist in der Luft vorhanden, dochwie lässt er
sichmit Wasserstoff verbinden?
FritzHaber
(1868–1934),
Professor der Chemie, und
Carl Bosch
(1874–1940),
Chemiker und späterer Vorstandsvorsitzender von BASF
und I.G. Farben, forschten intensiv an einem Verfahren.
Hohe Temperaturen, hoher Druck und Katalysatoren
führten zum Erfolg. Nach vielen Experimenten
gelangHaber im Jahr 1909 die Ammoniaksynthese,
die großtechnische Umsetzung folgte
wenig später.
DieAnfänge –Forschen, Entwickeln, Beraten |
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